Na, auch schon mal von einer Ampel darauf hingewiesen worden, dass man bei Rot geht?
Ich hatte ja bereits den Verdacht, dass das Ding an der Hauptstraße vorm Hotel einem übel nachredet, als ich mal eine Sekunde zu früh startete
.
Sonntag Morgen, sieben Uhr, die Straße leer... nun ist es erwiesen: Da kommt etwas aus dem Lautsprecher, wenn man einfach rüber geht. Was mag es wohl sein?
In typisch japanischer Ausdruckweise vielleicht: "Es ist uns höchst unangenehm, Sie freundlich darauf aufmerksam machen zu müssen, dass die Ampel rot ist. Entschuldigung."
Hm. So lang war es nicht... und der Tonfall auch anders.
Zu solch früher, leiser Stunde hört man mehr.
Zum Beispiel das Vogelgezwitscher aus dem Lautsprecher im Zugang zur S-Bahn. In Berlin würde man jetzt durch Pipipfützen stapfen.
Viele Linien haben hier ihre eigenen Sounds für die verschiedenen Ansagen und Hinweise. Sehr melodisch einstweilen (gibt's auch als App zum Nachhören).
Und dann noch ein Plädoyer für Bandansagen im Fernverkehr der Deutschen Bahn. Keine Lautsprechermacht für Schaffner! Gebt uns akustischen Frieden im Zug!
Hier kommt eine freundliche Stimme in korrektem (!) Englisch vom Band: "Wir machen bald einen kurzen Halt in Shin-Yokohama
."
Das dann bitte zukünftig bei uns als: "Wir machen bald einen kurzen Halt in Stuttgart-ICE. Steigen Sie hier in die 'Oben bleiben'-Linie nach Stuttgart Hauptbahnhof um."
Wie in Kassel: Auf der grünen Wiese halten, Milliarden sparen, und den Kreislauf der Schwaben schonen.
Wenn der Schaffner in den Wagen kommt, verbeugt er sich übrigens, statt "Schönguttntachdiefaaaakattenmabitte" zu nuscheln :-)
Ach so: Ich fahre heute Zug. Mit dem Shinkansen nach Kyoto. Rasante 2:40h für 514 Kilometer, geht sogar in 2:18h.
Schneller war nur noch die Tippgeschwindigkeit der Dame am Schalter. Da sehen selbst die Damen bei Aldi an der Kasse alt, alt, alt aus.
Ich hatte die Aussicht auf den höchsten Berg des Landes schon wegen Dunst abgeschrieben, als ich plötzlich von hinten aufgerüttelt wurde: "Mister Mister, look, Mt
. Fuji!"
Uih. Danke. Wirklich majestätisch.
Ankunft in Kyoto.
Mental war ich darauf eingestellt, dass wie in Tokio drei freundliche Damen an der Touri-Info darauf warten, mir weiterhelfen zu dürfen.
Hier hingegen ging es zu wie auf dem Basar.
Mit Stadt- und Busplan, Tagesticket und ein paar Infos versorgt, auf zum Bussteig. Oh, da steht er ja gerade, der 206er! - Ähm... ooooh... und das ist die Schlange dazu. Lang war sie, und kein nächster Bus in Sicht.
Zeit für eine Grundsatzentscheidung.
Und die lautete: Ticket zurückbringen, hier wird kein Bus gefahren. Warum? Andere Besucher meinten, das sei jeden Tag und an allen Sehenswürdigkeiten so. Mein Hostel liegt auf einer der zentralen Touri-Ringverkehrs-Linien.
Ohne mich.
An dieser Stelle lobe ich mir das Alleinreisen, es fasse sich ein jeder selbst an die Nase, der ob meiner Aktion zumindest die Augen verdreht hätte. Klar, der Plan hätte auch schief gehen können, ich hab ja die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen - aber 16 Jahre Rucksackreiseerfahrung. Und ein paar Grundsätze. Dazu zählt: Von den Touri-Lemmingen fernhalten.
Kaffee & Schokocroissant auf die Hand, und eine halbe Stunde zu Fuß marschiert
. Währenddessen bröckelte auch der Alternativplan: Wer hier sein Rad wild parkt, kann es für 20 Euro beim Ordnungsamt wieder abholen. Das wurde vor meinen Augen vollzogen. Und wild parken ist in der City quasi überall, außer an wenigen gekennzeichneten Orten, bei manchen Geschäften oder für nen knappen Euro auf speziellen Parkplätzen. Hallo? Geht's noch? Man kann es auch übertreiben.
Der freundlichen Dame an der Rezeption fragte ich ein Loch in den Bauch (endlich mal jemand, der gut Englisch sprach). Und so reifte der Plan des Sight-Jogging.
Was ich unbedingt sehen wollte, waren Tausend aneinandergereihte rote Tore, durch die man einen Berg hinaufgeht. Auf dem Weg dorthin laut Stadtplan: jede Menge Tempel. Dann zum anderen Ende der City am Fluss entlang. Den Berg hoch, über den "Pfad der Philosophen" zurück.
Gesagt, gelaufen.
Mir nach! - Unten gibt's jede Menge Fotos, einfach mal durchklicken
.
Am Ende waren 20 Kilometer auf dem Tacho und ich hatte mehr gesehen als die Lemminge.
Entscheidungen treffen, Infos sammeln, was draus machen.
Die interessante Frage am Rande: Wie wäre der Tag gelaufen, wenn ich nach der Ankunft direkt von einem Gleis zum anderen wäre, erstmal mit S-Bahnen zur ruhig gelegenen Unterkunft - und erst später festgestellt hätte, was hier an den "Hauptattraktionen" los ist?
Gleicher Gedanke wie gestern quasi: Wenn der Fischmarkt geklappt hätte, wäre mir wohl die Kirschblüten-Gruppe entgangen. 2008 schrieb ich schon im Vietnam-Blog, dass es fast unheimlich ist, wie sich immer alles fügt.
Heutiger Zuruf aus Kadinien: "Du schreibst wesentlich besser Blog, wenn dir was gefällt, als wenn nicht ^^"
Na dann, reiten wir mal weiter auf dieser Welle...
Als ob ich heute nicht wahrlich genug Tempel gesehen hätte, schaute ich mir am Abend noch einen derzeit speziell Illuminierten an.
(für die an Details Interessierten: den "Jishi-jinha Schrein", Weltkulturerbe. Die besagten roten Säulen heißen "Fushimiinare-taisha")
Das größte Argument für den Eintritt war der entgegen kommende Strom den Berg hinab, nur noch vereinzelt kamen Nachzügler wie ich. Und wir hatten die Anlage für uns allein. Bingo! So macht das Spaß.
Darauf noch rohen Thunfisch zum abendlichen halben Preis (diesen morgen als "Gutes von gestern" zu verkaufen wäre ja auch ungebracht), dazu sprudelnden Pflaumenwein aus der Dose - ein toller Sonntag. Kanpai! (Prost!)
Den ganzen Weg gerannt.
Sunday, March 24, 2013
Kyōto, Präfektur Kyōto, Japan
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